Mit einem Gottesdienst und dem anschließenden Bericht von Landesbischöfin Heike Springhart ist die Frühjahrstagung der badischen Landessynode am heutigen Dienstag (26.4.) in Bad Herrenalb eröffnet worden. Neben dem Krieg in der Ukraine und den anstehenden strukturellen und personellen Veränderungen innerhalb der Kirche ging es außerdem um den Umgang mit sexualisierter Gewalt.
Angesichts der aktuellen Herausforderungen verdeutlichte Landesbischöfin Springhart in ihrem ersten Bericht vor der Landessynode, warum Christinnen und Christen gute Gründe haben, weiterhin „hoffnungsstur“ zu bleiben: „Als Kirche und als Glaubende stehen wir ganz und gar in der heutigen Zeit, aber wir leben im und stehen für den weiteren Horizont. Wir stehen dafür ein, dass menschliches Leben mehr ist als Leistung. Dass unsere Hoffnung größer ist als Prognosen voraussagen können. Und dass wir getragen sind von dem, was vor uns war und Verantwortung haben für das, was nach uns kommt“, so Springhart.
Sie forderte dazu auf, als Kirche „offen und ansprechbar“ zu bleiben und sich ehrlich in Frage stellen zu lassen. Der Glaube sei immer verankert auf dem Boden der Tatsachen des Lebens. Das schaffe Räume für Kooperation. „Dabei werden künftig noch stärker fluide und stabile Formen von Kirche zusammenwirken, so dass Kirche vielschichtig und vielgestaltig präsent und erkennbar ist. Immer geht es darum, dass Menschen verlässlich, sichtbar und nahbar Kirche - in welcher Form auch immer – erreichen können.“
In ihrem Bericht zur Lage beschäftigte sich die Landesbischöfin auch mit dem Krieg in der Ukraine und der Frage, was es heißt, Kirche des gerechten Friedens zu sein. Es stehe Kirche nicht zu, aus der Ferne zur Gewaltlosigkeit aufzurufen, so Springhart. „Aber wir müssen alles daransetzen, diejenigen zu stärken, die nach Wegen friedlicher Konfliktlösung suchen.“
Die Kraft des Friedenszeugnisses der Kirchen habe sich in den letzten Wochen in einer großen Welle der Hilfsbereitschaft eindrücklich gezeigt. „Menschen haben ihre privaten Häuser geöffnet und Frauen und Kinder aus der Ukraine aufgenommen. In Gemeindehäusern und Pfarrhäusern konnten ukrainische Flüchtende Zuflucht finden.“ Springhart betonte auch die Chance, die in der Beziehung zur russisch-orthodoxen Kirche liege, welche nicht aufgekündigt werde. „Das erhält die Möglichkeit, diejenigen zu stützen, die sich auch in der russischen Orthodoxie für das Ende des Krieges einsetzen“, so die Landesbischöfin.
Beim Umgang mit sexualisierter Gewalt habe die Landeskirche in den zurückliegenden zwölf Jahren einen Lernweg zurückgelegt, erklärte Springhart. Die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt dürfe aber nicht an der Entwicklung von unabhängigen Verfahren und an Aufarbeitungsstudien enden. „Wir brauchen eine grundlegende Sensibilisierung für die Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse und für die oft schleichenden Grenzverletzungen.“
Auch Oberkirchenrätin Uta Henke hat vor der Landessynode zum Thema Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch und sexualisierter Gewalt berichtet. „Hinter all den Zahlen und Fakten verbergen sich individuelle Menschen, denen großes Leid angetan wurde. Unser Bestreben ist es, durch intensive Präventionsarbeit flächendeckend sexualisierter Gewalt vorzubeugen, geschützte Räume zu schaffen und Strukturen zu implementieren, die es uns ermöglichen, bei Übergriffen schnell und konsequent zu handeln“, sagte Uta Henke. So sei bereits 2010 eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen worden, welche die Aufarbeitung aller Fälle von sexuellem Missbrauch innerhalb der Landeskirche seit 1954 aufarbeiten sollte. „Die Dunkelziffer der Fälle sexualisierter Gewalt in Landeskirche und Diakonie dürfte aber die Zahl der heute bekannten 92 Fälle deutlich übersteigen“, schätzt die Oberkirchenrätin.
Seit 2010 wurden unter anderem Präventions- und Interventionsmaßnahmen entwickelt, Anerkennungsleistungen und ein individuelles Unterstützungsprogramm für Betroffene eingeführt, ein Vertrauenstelefon, und seit diesem Jahr auch eine Ansprechstelle und eine Meldestelle in Fällen von begründetem Verdacht eingerichtet sowie zuletzt im März 2022 eine Gewaltschutzrichtlinie der Landeskirche vom Kollegium beschlossen. „Der Schutzbereich umfasst nun über die Minderjährigen im Kinder- und Jugendhilfebereich hinaus alle Erwachsenen in Abhängigkeitsverhältnissen im Bereich der Seelsorge, Bildung, Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen. Dementsprechend weitet sich auch der Kreis der Mitarbeitenden, die in der Kultur der Grenzachtung geschult werden“, erklärte die Oberkirchenrätin vor der Landessynode.