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Geräusche, die vom Aussterben bedroht sind
Beckers Neuland. Irgendwas mit Medien - Bernd Becker
Der Traum war abwegig - wie es Träume oft so an sich haben. Doch das Schlimme: je mehr ich über ihn nachdachte, umso realistischer erschien er mir.
Schnell war zumindest die Antwort auf die Frage gefunden, wie sich die surrealen Bilder in meinen Schlaf geschlichen hatten. Tags zuvor las ich nämlich eine Liste, die im Internet kursierte. „Geräusche, die Kids von heute nicht mehr kennen.“
Obwohl mich die Bezeichnung „Kids“ schon immer störte, las ich die Liste und musste schmunzeln.
Es ging um „Tüüt, piieep und chrrchrr“ - um 14 Sounds, die vom Aussterben bedroht sind. Natürlich war das Rattern eine Wählscheibe dabei. Ebenso das charakteristische Klackern einer Schreibmaschine. Und da wird schnell klar: Nicht nur Jugendlichen sind solche Geräusche heute fremd - auch manche Eltern der Teenager dürften nicht alle alten Sounds dieser Liste auf Anhieb erkennen. Die kreischenden Nadeldrucker haben schon lange ausgedient, und das Krächzen eines Modems, das verzweifelt versucht, sich ins Internet einzuwählen, haben wir erfolgreich verdrängt.
Mit der fortschreitenden Digitalisierung wurde die technische Welt stiller. Auf das Rattern einer Videokassette beim Vor- oder Zurückspulen folgte die fast geräuschlose DVD. Und der ätzende Nadeldrucker wurde vom Tintenstrahl- oder Laserprinter abgelöst. Der Ton zum Testbild im TV ist in Vergessenheit geraten - so wie das Testbild auch. Und selbst an den berühmten Nokia-Klingelton oder das Geräusch eines Fax-Gerätes, dass sich mit der Telefonleitung verbindet, wird man bald keine Erinnerung mehr haben.
Doch zurück zu meinem Traum: Er präsentierte mir eine Liste von Geräuschen, die Menschen nicht mehr kennen, weil sie nicht mehr zur Kirche gehen. Da war das Läuten der Glocken ebenso dabei wie der unverwechselbare Klang der Pfeifenorgel. Das Klimpern der Münzen im Klingelbeutel stand auf der Liste sowie das Husten und Räuspern der Gottesdienstteilnehmer in Momenten der Stille - meist wohl als „horror vacui“ (also Angst vor der Leere) zu deuten. Liturgische Gesänge sowie das Knarzen der Bänke beim Aufstehen und Hinsetzen waren lediglich auf einer lutherischen Variante der Liste zu finden.
Wenn das auch alles „vorletzte Dinge“ sind und nicht biblisch gegeben ist, wäre es schade, wenn auch diese Geräusche aussterben würden. Es sei denn, die Menschen gehen weiterhin fleißig zum Gottesdienst und erleben einfach andere, neue Klänge. Dann ist es auch gut. Dann darf es ruhig die Internetseite „Geräusche, die Christen von heute nicht mehr kennen“ geben. Und ich kann wieder ruhig schlafen.
Bernd Becker, 2. September 2015
Hier der Link zur Technik-Liste:
www.stern.de/digital/online/modem-fax-videorekorder-14-geraeusche-die-kids-von-heute-nicht-mehr-kennen-2197386.html