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Mitgliederzahlen sinken weiter - was tun?
Evangelische Kirche in Deutschland veröffentlicht Statistik für 2022
Breitere Angebote, mehr Programm für junge Menschen: Seit Jahren überlegen evangelische Kirchen in Deutschland, wie sie dem Mitgliederschwund entgegenwirken können. Dennoch verzeichnen sie jedes Jahr aufs Neue sinkende Zahlen. So auch im Jahr 2022: Nach den aktuellen Berechnungen der EKD gehörten zum Stichtag 31.12.2022 insgesamt 19.150.000 Menschen einer der 20 Gliedkirchen der EKD an. Das seien rund 2,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Im Jahr zuvor habe der Rückgang 2,6 Prozent betragen.
Der bundesweit Trend spiegelt sich auch in den Landeskirchen und reformieren Gemeinden wider: Die Lippische Landeskirche zählte zum Beispiel zum Stichtag 31.12.2022 insgesamt 140.276 Mitglieder in 65 reformierten und lutherischen Kirchengemeinden. Ein Jahr zuvor waren es 144.544 Mitglieder. Die Zahl der Mitglieder der Evangelisch-reformierte Kirche hat sich im Jahr 2022 um 1,9 Prozent verringert. Damit liegt sie zwar unter dem bundesweiten Durchschnitt; sie fiel aber zu ersten Mal unter die 160.000-Marke. Extremer noch fiel der Mitgliederschwund in EKBO und EKM aus: Dort lag er im Vergleich zum Vorjahr bei jeweils rund 3,4 Prozent.
Die Ursachen für den Rückgang sind unterschiedlich: Austritte, Todesfälle, verhältnismäßig wenige Taufen. Viele Kirchen und Gemeinden steuern bereits gegen. Die Evangelische Landeskirche in Baden etwa reagierte mit dem Projekt „ekiba2032“, Gemeinden versuchen mit ökumenischen Projekten wie Citykirchenarbeit, Narrengottesdiensten, Theaterstücken, Jazzvesper o.ä. Mitglieder zu binden und neue hinzuzugewinnen. Auch die EKBO setzt auf alternative Gottesdienstformen, zeitgemäße Begegnungsstätten oder kreative Angebote in Form von Pop-up-Hochzeiten, Segnungszeremonien oder alternativen Tauffesten.
Der Trend aber bleibt, teilweise nahm der Mitgliederschwund in Prozent im Jahr 2022 sogar zu. In Hessen-Nassau etwa stieg die Zahl der Kirchenaustritte um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Landeskirche vermutet als Ursache u.a. die angespannte Konjunkturlage. Aus finanziellen Gründen könnten mehr Menschen über einen Kirchenaustritt nachdenken. Hinzu komme ein Nachholeffekt bei den Austritten nach der Coronazeit. Schließlich würden von Ausgetretenen vereinzelt auch politische Positionen der Kirchen kritisiert wie etwa das Eintreten für Geflüchtete oder den Klimaschutz. Der Soziologe Detlef Pollack dagegen spricht von einem Kipp-Punkt in den Kirchen: Der Austritt drohe vom Ausnahmefall nun immer öfter zum Normalfall zu werden.
„Jeder einzelne Austritt schmerzt uns, schmerzt mich“, sagte EKBO Bischof Christian Stäblein. „Die Zeiten einer Mehrheitskirche sind schon länger vorbei.“ EKiBa-Landesbischöfin Heike Springhart betonte, dass Kirchengemeinden nicht nur die Menschen im Blick haben sollten, die den Sonntagsgottesdienst besuchten. „Neben der Schaffung passgenauer Angebote für alle Generationen und Lebensphasen, muss es uns gelingen, auch den Wert deutlich zu machen, den die formelle Mitgliedschaft für unsere Gemeinschaft auf so vielen Ebenen, in der Stadt und auf dem Land und für die Gesellschaft insgesamt hat“, so EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. „Ohne Seelsorge und Diakonie und ohne die gottesdienstlichen und gemeindlichen Angebote in den rund 20.000 Kirchen und Kapellen wäre das gesellschaftliche Klima ein anderes.“
RB/ErK/Lippe/EKBO/EKKW/EKiBa/EKM/EKHN/EKvW