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Wenn Gott twittert
Beckers Neuland. Irgendwas mit Medien
Auf dem Profilbild ist ein alter, bärtiger Mann zu erkennen und man entnimmt den Tweets, dass „God“ offensichtlich in den USA lebt - oder zumindest von dort postet. Das dürfte vor allem die Amerikaner nicht wundern.
Immerhin 2,18 Millionen Menschen folgen „God“ auf Twitter und erfahren seine Sicht auf die Welt. Er schreibt humorvoll, oft zynisch, manchmal derb. Seine Kommentare provozieren, aber regen durchaus hier und da zum Nachdenken an.
Kurz nach den Terroranschlägen in Paris schrieb „God“: „Ich gebe auf. Ihr seid jetzt auf Euch allein gestellt. Viel Glück!“ An anderer Stelle erklärt er: „Was würde Jesus tun? Witzig, dass ihr das fragt“ - und als Antwort zitiert er aus dem Gleichnis vom Weltgericht: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.“
Manchmal wird Gott auf Twitter philosophisch: „Wer behauptet, er liebe die Freiheit, meint garantiert nicht deine.“ Und an anderer Stelle: „Gedanken und Gebete helfen nicht. Wisst ihr, was hilft? Hilfe.“
Ich finde diesen Twitter-Account amüsant. Manchmal zucke ich allerdings auch zusammen, weil einzelne Tweets blasphemisch anmuten und weil der Tonfall nicht zu dem Gott passt, wie ich ihn mir vorstelle. Dazwischen mischt sich die grundsätzliche Frage: Darf man das eigentlich oder wird hier nicht gegen das zweite Gebot verstoßen, zu dem der Heidelberger Katechismus sagt: „Gott kann und darf in keiner Weise abgebildet werden“?
Aber natürlich wird hier nicht Gott abgebildet, sondern jemand leiht sich gewissermaßen den Namen Gottes, um die Ereignisse in dieser Welt zu kommentieren. Und das kenne ich selbst auch, dass ich mir manchmal überlege, wie Gott wohl auf das reagieren würde, was er auf dieser Erde so beobachtet. Der Twitter-Gott lässt dabei kaum ein Thema aus: Donald Trump, Sepp Blatter, die Kirche („Zeitverschwendung“) und immer wieder die gesamte Menschheit, die in „God’s“ Augen so ziemlich alles falsch macht.
David Javerbaum heißt der Autor, der hinter diesen Tweets steckt. Er schreibt durchaus klug, aber manchmal auch anzüglich - vor allem aber respektlos und oft wirklich witzig. Nicht umsonst hat Javerbaum als Gag-Schreiber für verschiedene US-Shows schon eine Reihe von Fernsehpreisen gewonnen. Eines seiner Bücher wird jetzt sogar als Comedy-Stück auf dem Broadway aufgeführt.
Auf jeden Fall heben sich die Tweets von Javerbaum wohltuend ab von den vielen Negativ-Schlagzeilen, die mir in meinem Twitter-Stream derzeit so oft begegnen.
„God“ selbst folgt übrigens nur einer Person: Justin Bieber. Auch hier zeigt er viel Sinn für Humor.
Bernd Becker, Pfarrer und Geschäftsführer des Evangelischen Presseverbandes für Westfalen und Lippe, 2. Dezember 2015