Teil 3 der Beschlüsse der Emder Synode von 1571: Synodalordnung


Die Versammlungen der Classes*

1. Bei den Versammlungen der Classes soll einer der Pastoren in der Gemeinde eine Predigt halten. Über diese urteilen die übrigen Kollegen gemeinsam und sagen, wenn etwas verbessert werden muss. So verfahren auch die anderen Pastoren der Reihe nach bei den nächsten Versammlungen der Classes. 

2. Danach wird der Präses gemeinsam von den Kollegen gewählt. Nach einem Gebet soll er die Einzelnen fragen: Tagen in Euren Gemeinden die Konsistorien? Führt Ihr die Kirchenzucht durch? Habt Ihr einen Streit mit Irrlehrern oder habt Ihr Zweifel bei einem Lehrstück? Kümmert man sich um die Armen und die Schulen? Braucht Ihr zur Leitung der Gemeinde Rat, Hilfe und weitere derartige Unterstützung der Kollegen?

3. Wenn in einer Gemeinde der Classis etwas geschieht, was durch ihr Konsistorium nicht beigelegt werden kann, wird das auf der Versammlung der Classis behandelt und entschieden. Sodann kann man bei der Provinzsynode Berufung einlegen.

4. Im Übrigen werden auf den Versammlungen der Classes solche Fragen behandelt, die die Gemeinden der betreffenden Classis angehen. 

5. Anschließend legt der Präses die eine oder andere Frage zu Lehrstücken des Glaubens vor, die zwischen uns, den Papisten und anderen strittig ist. Auf diese Weise belehren die Anwesenden sich gegenseitig und regen sich zum Studium an.

6. Auf der letzten Versammlung der Classis vor einer Provinzsynode werden diejenigen gewählt, die im Namen der Classis dorthin entsandt werden sollen.

7. Aus den einzelnen Classes werden zwei Pastoren und ebenso viele Älteste oder Diakone oder mindestens ein Pastor mit einem Ältesten oder einem Diakon entsandt. 

8. Bevor man die auf der Provinzsynode zu behandelnden Punkte schriftlich festlegt, werden die Protokolle und Beschlüsse vorangegangener Synoden sorgfältig verlesen. Den Provinz- und besonders Generalsynoden soll man nicht erneut Fragen vorlegen, die schon früher behandelt und gemeinsam entschieden worden sind – es sei denn, es besteht ein Anlass, einen Beschluss in Frage zu stellen.

9. Zuletzt werden Ort und Zeit der nächsten Versammlung festgelegt. Der Präses dankt Gott durch ein Gebet.

 

Die Provinzsynoden 

1. Wer zur Provinzsynode entsandt wird, soll ein Bestätigungsschreiben und die vorzulegenden Fragen in schriftlicher Form mitbringen. Dabei wird nur das aufgeschrieben, was in den Konsistorien und Versammlungen der Classes nicht entschieden werden konnte oder was alle Gemeinden der Provinz angeht. Die Provinzsynode soll nicht durch unnötige Fragen aufgehalten werden. 

2. Bei der Zusammenkunft soll der Pastor des Ortes oder, wenn ein solcher nicht da ist, der Präses der vorangegangenen Versammlung ein Gebet zur Wahl des Präses, des Beisitzers und des Schriftführers sprechen. 

3. Der gewählte Präses soll ein für die gesamte Tagung passendes Gebet sprechen. Sodann schreibt er die Namen der Anwesenden auf und lässt die der Abwesenden festhalten, um den Grund für ihr Fehlen zu notieren. Dann fordert er die Bestätigungsschreiben und Vollmachten an und lässt die in schriftlicher Form zusammengestellten Anweisungen und Aufträge der Einzelnen der Reihe nach verlesen. Schließlich bringt er das Urteil der ganzen Synode in Erfahrung, stellt die Stimmenzahl fest und erläutert die Entscheidung der Mehrheit und die der Einsichtigeren. Die Entscheidung hält der Schriftführer fest und liest sie sorgfältig vor, damit sie von allen gebilligt wird. 

4. Zuerst sollen Fragen der Lehre, dann Fragen der Kirchenzucht vorgelesen und schriftlich genau festgehalten werden, zuletzt Einzelfragen. 

5. Der Präses hat die Pflicht dafür zu sorgen, dass jeder der Reihe nach spricht. Die allzu Aufbrausenden und Streitsüchtigen hat er zur Ruhe zu mahnen und sie, wenn sie nicht still sind, zum Verlassen der Versammlung aufzufordern. Ihnen wird aus dem Munde der Brüder eine angemessene Rüge ausgesprochen.

6. Das Amt des Präses endet mit der Tagung. Es steht der nächsten Provinzsynode frei, denselben oder einen anderen zu wählen. 

7. Die zu diesen Synoden entsandten Ältesten und Diakone haben bei allen Sitzungen zusammen mit den Pastoren ihrer Gemeinden Stimmrecht. Von den Ältesten des Tagungsortes haben nur zwei Stimmrecht; den übrigen Ältesten wird die Teilnahme und das Rederecht zugestanden.

8. Der Präses beginnt alle Sitzungen mit einem Gebet und schließt sie mit einer Danksagung.

9. Alle Beschlüsse werden schriftlich niedergelegt und noch einmal verlesen, damit alle sie billigen und unterschreiben. Jeder nimmt ein vom Präses und vom Schriftführer unterschriebenes Exemplar mit nach Hause, damit es in den Konsistorien der einzelnen Gemeinden verlesen wird. 

10. Mit Zustimmung der ganzen Provinzsynode wird die Gemeinde bestimmt, die in Absprache mit den anderen Pastoren ihrer Classis das Recht und die Aufgabe erhält, Ort und Zeit der nächsten Provinzsynode festzulegen. 

11. Dieser Gemeinde soll alles sorgfältig und frühzeitig mitgeteilt werden, was in anderen Gemeinden an Schwierigkeiten auftritt oder was in den Konsistorien und bei den Versammlungen der Classes nicht entschieden werden kann, oder schwierige Fragen, die die ganze Provinz betreffen. 

12. Diese Gemeinde soll den übrigen Gemeinden Ort und Zeit der nächsten Provinzsynode drei Monate vorher mitteilen und mit gleichem Schreiben ein Exemplar aller bei ihr eingegangenen Themen und Artikel zusenden. Über diese macht sich jede Gemeinde rechtzeitig Gedanken und trägt ihr Urteil auf der Versammlung der Classis vor, damit die Abgeordneten der Classis etwas präsentieren können, was schon vorher beraten und von allen Gemeinden der Classis besprochen worden ist.

13. Jedoch soll die Gemeinde, die mit der Verantwortung für Ort und Zeit der nächsten Provinzsynode betraut ist, mit dem Schreiben von Briefen an die einzelnen Gemeinden aller Classes in der Provinz nicht über Gebühr belastet werden. Daher wird in jeder Classis eine Gemeinde gewählt, an die sie schreibt, und diese teilt dann den Inhalt den Pastoren ihrer Classis mit. 

14. Die Kosten der Teilnehmer an der Synode tragen die jeweiligen Classes. 

15. Nachdem die Synode ihre Arbeit beendet hat, feiern die zur Synode versammelten Pastoren und Ältesten Abendmahl, und das je nach Möglichkeit zusammen mit der Gemeinde des Tagungsortes.

16. Der Gemeinde, in der die Synode stattfindet, fällt die Aufgabe zu, die Protokolle und Beschlüsse dieser Synode zur nächsten mitzubringen oder ihr zuzuschicken. 

 

Die Generalsynoden 

Die gleichen Bestimmungen gelten für die Generalsynoden. An ihnen nehmen Pastoren und Älteste teil, die nicht von den Classes, sondern von den Provinzen entsandt werden. Sie bringen Vollmachten mit und Anfragen zur Lehre, zur Kirchenzucht und zu einzelnen Themen, die auf den Provinzsynoden nicht entschieden werden konnten oder alle Gemeinden angehen. 

 

*Übersetzung aus dem Lateinischen von Matthias Freudenberg

Entnommen mit freundlicher Genehmigung des Verlages Vandenhoeck&Ruprecht: 
Matthias Freudenberg/Aleida Siller, Emder Synode 1571 – Wesen und Wirkungen eines Grundtextes der Moderne, Göttingen 2020