Beiträge dazu, wie unverständlich der Heidelberger Katechismus heutzutage sei, gibt es inzwischen zahlreiche. Dieses Buch ist ein weiterer, aber ganz anderer Art. Denn es zieht keine Schlüsse, sondern stellt nur dar: 128 Antworten auf zentrale Fragen des Heidelberger von Heidelberger Bürger/innen.
Die Heidelberger Dekanin Dr. Marlene Schwöbel-Hug, der Theologieprofessor Dr. Michael Welker und der Heidelberger Schuldekan Dr. Ulrich Löffler treten als Autoren auf. Hinter ihnen steht aber ein ganzes Team aus weiteren Pfarrer/innen, Dozent/innen, Studierenden und einer Politikerin. Sie haben sich einen Fragebogen ausgedacht, in dem sie die zu den drei Hauptteilen des Heidelberger Katechismus (Vom Elend, von der Erlösung, von der Dankbarkeit) jeweils zwei Fragen formuliert haben, die es auf den Punkt bringen. So sahen sich die Befragten folgenden sechs Fragen ausgesetzt:
Die Antworten werden nicht alle dokumentiert, sondern das Buch fasst sie auf 80 gut zu lesende Seiten zusammen. In Ausschnitten wird freilich schon zitiert, zum Teil sehr treffend.
Beim Lesen wird recht schnell klar: Die Menschen sind heute nicht weniger reflektiert oder weniger interessiert an existentiellen Fragen. Und selbst die Themen sind durchaus vergleichbar, die Problemanzeigen haben sich aber ziemlich verschoben. Und vor allem ist die Sprachwelt eine ganz andere.
Zum Beispiel ist es nicht so, dass Menschen ihr Leben heute nicht auch als gebrochen erleben können. Aber nicht grundsätzlich und ständig, sondern zeitweise und situationsabhängig. Zitat aus der Antwort eines Heidelbergers: „Dass mein Leben aktuell bedroht sei, erlebe ich nicht. Ich weiß, dass es Gefahren für Leib und Leben gibt, und ich fürchte, dass die Menschen – früher oder später – ihre Lebenswelt und die meiner Kinder und Enkel zerstören werden. Außerdem erlebe ich immer wieder Enttäuschungen und Niederlagen. Aber als Ganzes erlebe ich mein Leben als unglaublich behütet und gefördert.“
Die Autoren deuten in ihrem Vorwort an, dass manche Menschen die Sprache des Heidelberger eher als Bestätigung ihrer Vorurteile, denn als Hinweis „auf ein befreites, gutes, frohes und beglückendes Leben“ verstehen. Die zitierten und zusammengefassten Antworten bestätigen das eindrucksvoll – auch was die anderen Teilstücke des Heidelbergers betrifft.
Das Buch gibt in seiner schlichten Wiedergabe von Meinungen zu denken. Und es bietet viele Ansätze, „das Glaubensverständnis des Heidelbergers in die Sprache und das Denken unserer Zeit zu übersetzen“. Es ist kein frustrierendes, sondern ein ermutigendes Buch. Was die Heidelberger glauben, glauben bestimmt nicht nur die Heidelberger so. Und der Heidelberger (Katechismus) würde heute anders fragen und anders antworten. Und trotzdem noch der Heidelberger sein. Das Heidelberger Jubiläumsjahr könnte der Aufbruch zu einer Neufassung sein.